Allein die Vorstellung ist erschreckend: Wenn wir alle so weiter machen wie bisher, dann schwimmen schon 2050 in den Weltmeeren mehr Plastikteile als Fische. Das hat die Deutsche Umwelthilfe auf Basis von Daten des Umweltprogramms der Vereinten Nationen ausgerechnet.
Über 663 Tierarten – vom Seevogel über Delfine bis zur Schildkröte – sind von unserem Plastik-Müll existenziell bedroht. Wir können das Ausmaß der Katastrophe nur verringern, wenn jeder für sich dem allgegenwärtigen Kunststoff den Kampf ansagt.
Die nach Nachhaltigkeit strebende Philosophie des Zero Waste wird daher immer mehr zum Trend. Auch eine plastikfreie Küche ist dabei gar nicht so schwer zu bewerkstelligen, wie es auf den ersten Blick erscheint.
Die folgenden Tipps geben dir eine kleine Richtschnur an die Hand.
Nutze die folgenden Hinweise, um Plastik aus deiner Küche zu vertreiben. Dabei solltest du jedoch nicht gleich alle deine Kunststoff-Teile auf einmal wegschmeißen. Brauchbare Küchenutensilien kannst du solange weiterverwenden, bis sie kaputt gehen und sie erst dann durch Nachfolger aus Holz, Glas, Metall oder Bambus ersetzen. Die Tipps für das Einkaufen ohne Plastiktüte, das Aufbewahren ohne Frischhaltefolie und für die alltägliche Müllvermeidung kannst du dagegen gleich morgen umsetzen.
Für einen ersten Eindruck schau dir unser neues Video zum Thema Zero Waste an!
Müllvermeidung: Darauf solltest du bereits beim Einkaufen achten
Die plastikfreie Küche beginnt beim Einkaufen. Achte darauf, per se möglichst wenig, am besten gar kein Plastik nach Hause zu tragen. In einigen Bereichen ist das gar nicht mehr so schwierig, in anderen erfordert es grundsätzliche Überlegungen und Entscheidungen.
Aufgrund der wachsenden Sensibilität für Müllvermeidung und Zero Waste haben inzwischen selbst die Lebensmittel-Discounter ein wenig Rechnung getragen und bieten ihr Obst und Gemüse auch unverpackt an. Mit wiederverwendbaren Baumwollbeuteln kannst du die Frischware problemlos transportieren.
Die Stoffbeutel gibt es in verschiedenen Größen, sie haben ihr Eigengewicht zumeist auf einem kleinen Schild an der Seite vermerkt. Du kannst die Stoffbeutel auch zum Aufbewahren nutzen und nach längerem Gebrauch in der Waschmaschine waschen. Im Gegensatz zur Plastiktüte oder der Frischhaltefolie enthalten die Stoffbeutel keine schädlichen, chemischen Zusatzstoffe und verursachen weniger Müll.
Jede einzelne Plastiktüte zählt
Wie (überlebens-)wichtig eine Eindämmung der Plastikmüllflut ist, dokumentiert der im Sommer erschienene „Plastikatlas 2019“ der Heinrich-Böll-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz BUND. Demnach produziert jeder Deutsche jährlich 38 Kilogramm Kunststoffmüll – und liegt damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 24 Kilogramm.
Die Studie spricht von der „dritten großen Herausforderung für die gesamte Menschheit“, die in ihrer Schwere ebenso wiegt wie der Klimawandel und das Artensterben. Kunststoff erstickt nicht nur die Meeresvegetation, verunreinigt die Böden und verschwendet Ressourcen – er schädigt auch direkt deine Gesundheit.

Weichmacher: So schadet Plastik deiner Gesundheit
Weichmacher sind grundsätzlich verschiedene Formen von Phthalsäure-Verbindungen. Sie werden benötigt, um Kunststoff-Gemische dehnbar und – daher der Name – weich zu machen. Weichmacher sind in den Kunststoffen jedoch nicht festgebunden. Sie können daher ausdünsten und – besonders bei Kontakt mit Fetten und/oder Ölen – in das jeweilige Produkt eindringen.
Ihr Gefahrenpotenzial ist unterschiedlich, einige wurden aufgrund ihrer nachweislich gesundheitsschädigenden Wirkung inzwischen verboten (DEHP, DBP und BBP). Für andere gibt es zwar Warnungen des Bundesumweltamtes, aber noch kein gesetzliches Verbot: DPHP kann laut Bundesumweltamt das Hormonsystem und die Schilddrüse schädigen, DINP und DIDP können Leberschäden verursachen.
BPA: Giftig und gesundheitsschädlich, aber (noch) nicht verboten
Die Chemikalie Bisphenol A, kurz BPA, trägt umgekehrt wesentlich dazu bei, einen Kunststoff härter und stabiler zu machen. So wie er zum Beispiel für Kunststoff-Becher benötigt wird. BPA kann direkt in den Hormonhaushalt des Menschen eingreifen und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.
Die EU-Kommission hat BPA im Chemikaliengesetz REACH am 4. Februar 2016 als reproduktionstoxisch und besorgniserregend in die Kategorie 1B eingestuft – trotzdem haben bislang nur Kanada, Dänemark und Frankreich den Stoff zumindest bei der Herstellung von Kinderprodukten verboten. Eine Küche ohne Plastik produziert insofern nicht nur weniger Müll, sie ist auch im wahrsten Sinne des Wortes gesünder.
Auch beschichte Pfannen bergen ein Risiko
Solltest du in deiner Küche beschichtete Töpfe und vor allem Pfannen verwenden, so empfiehlt es sich, diese langfristig auszutauschen. Die Beschichtung enthält die haftabweisende Chemikalie Perfluoroctansäure (PFOA), die sich im Laufe der Zeit ablöst und direkt ins Essen wandert.
Nach Untersuchungen des Zentrums für Gesundheit in Luzern und Universität Exeter schädigt PFOA nachweislich die Schilddrüse und hat negative Auswirkungen auf den Cholesterinhaushalt. Die Alternative zur Pfanne mit Kunststoff-Beschichtung ist Kochgeschirr aus Gusseisen oder Edelstahl.
Aufbewahren: Plastik gezielt nach und nach ersetzen
Bei nüchterner Betrachtung wirst du vielleicht feststellen, dass sich in deiner Küche viel mehr Plastik befindet, als du zunächst gedacht hast. Deshalb noch einmal der Hinweis von oben: Du musst nicht den gesamten Kunststoff auf einen Schlag entsorgen – denn auch das wäre vermeidbarer Müll.
Wichtig im Sinne von Zero Waste ist es, den Verbrauchsnachschub durch nachhaltigere Varianten zu ersetzen. Die noch vorhandene Plastiktüte solltest du ebenso noch (möglichst mehrmals) verwenden wie die Tupperdose. Auch wenn du hin und wieder doch das ein oder andere Lebensmittel kaufst oder kaufen musst, dass verpackt ist, kannst du die Plastiktüte für einen anderen Zweck weiterverwenden – beispielsweise zum Einfrieren oder Aufbewahren.
Unsere besten Tipps für eine plastikfreie Küche
Im Folgenden findest du 15 hilfreiche Tipps für das Einkaufen, Aufbewahren und Reinigen, mit denen du erfolgreich und langfristig deine Küche von Kunststoff befreien kannst.
Nr.1# Wachstücher oder Frischhaltedosen für Wurst und Käse mitnehmen
An der Frischtheke im Supermarkt kannst du dir deinen Käse oder deine Wurst direkt in eine mitgebrachte Frischehaltedose legen lassen, die du zuvor abwiegen lässt.
Eine gute Alternative zur gängigen Frischhaltefolie im Laden sind Wachstücher, die es ebenfalls in verschiedenen Größen gibt. Die Wachstücher eignen sich auch perfekt zum Aufbewahren von Brot und angeschnittenen Früchten.
Sie sind zu einhundert Prozent aus natürlichen Materialien hergestellt, enthalten keine gesundheitsschädlichen Substanzen wie die Plastiktüte und verursachen weniger Müll als die Frischhaltefolie, weil sich Wachstücher mehrfach verwenden lassen.

Nr.2# Das Einkaufen in Unverpackt-Läden testen
Unverpackt-Läden gibt es sicher auch in deiner Nähe. Hier kannst du von Eiern und Gemüse, über Nüsse und Gewürze bis hin zu Lupinenmehl und Mandelmus nahezu alle Lebensmittel unverpackt bekommen und direkt in die von dir bevorzugten Gefäße abfüllen.
Mit Zero Waste werden Ressourcen gespart und die Umwelt geschützt. Allerdings, das muss fairerweise erwähnt werden, musst du in diesen Läden – trotz eingesparter Verpackung – oft mehr bezahlen als im Supermarkt nebenan. Gleichzeitig hast du jedoch die Möglichkeit, exakt nur so viel einzukaufen wie du auch benötigst – und musst nicht auf die oft viel zu groß bemessenen Mengen an in Frischhaltefolie verpackter Ware im Supermarkt zurückgreifen, deren verdorbene Reste auf dem Müll landen.
Nr.3# Neu entdeckt und gut sortiert: Wochenmärkte
Zwischenzeitlich waren sie fast vom Aussterben bedroht, inzwischen sind sie wieder richtig beliebt – und vor allem gut sortiert. Das Einkaufen auf dem Wochenmarkt garantiert nicht nur die Frische und regionale Herkunft aller dort angebotenen Lebensmittel – du kannst hier alles unverpackt kaufen, ganz ohne Frischhaltefolie.
Vielleicht nimmst du nicht nur einen Stoffbeutel mit, sondern denkst langfristig über die Anschaffung eines Weiden- oder Bambuskorbs nach – in dem du zu Hause dann Obst lagern kannst, das sich nicht für das Aufbewahren im Kühlschrank eignet.

Nr.4# Kaffeekapseln von der Einkaufsliste streichen
Im Sinne einer verantwortungsvollen Müllvermeidung handelst du, wenn du Kaffeekapseln durch losen Kaffee oder Kaffeebohnen ersetzt. Ganz gleich, ob die Kaffeekapseln aus Kunststoff oder Aluminium gefertigt sind – nach Gebrauch kommen sie in den Müll und werden verbrannt. Eine Wiederverwendung der jeweiligen Rohstoffe findet nicht statt.
Anmerkung: Es gibt inzwischen Kaffeekapseln aus Edelstahl, die immer wieder genutzt werden können und insofern Zero Waste produziert worden sind. Eine Kompatibilität ist jedoch (noch) nicht mit jeder Maschine gegeben.
Nr.5# Auf Leitungswasser mit Glas- oder Edelstahl-Flasche umsteigen
Eine Trinkflasche aus Glas oder auch Edelstahl ist ein elementarer Bestandteil der Küche ohne Plastik. Du kannst die PET-Wasserflaschen im Supermarkt mit Nichtbeachtung strafen, wenn du auf Leitungswasser umsteigst. Das erspart dir die mühselige Schlepperei und ist ein sinnvoller Beitrag zu Müllvermeidung.
Die Qualität des Leitungswassers in Deutschland wird durch die Trinkwasserverordnung garantiert – und die Gesundheitsämter der einzelnen Kommunen wachen akribisch darüber, dass alle vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden.
Nr.6# Milch und Joghurt nur in Glasverpackung kaufen
Milch, Sahne und Joghurt gibt es fast nur verpackt. Eine Ausnahme bilden einige türkische Lebensmittelläden und der eine oder andere Bio-Markt. Hier kann die Alternative zu Kunststoff und Tetra-Pack nur Glas, am besten im Pfandsystem, lauten.
Mit dem Verzicht auf die Plastikbecher zugunsten wiederverwendbarer Verpackungen handelst du nicht nur umweltbewusst im Sinne von Zero Waste, sondern schützt vor allem deine Gesundheit vor den gefährlichen Weichmachern.
Nr.7# Schneidebretter aus Bambus sind robust und nachhaltig
Wenn deine Frühstücks- und Schneidebretter aus Plastik unansehnlich geworden sind, ersetze sie durch umweltfreundliche und nachhaltige Bambus-Bretter. Bambus ist lange haltbar, sehr robust und vor allem eine schnell (nach-)wachsende Pflanze. Glas ist zwar auch besser als Kunststoff, es lässt allerdings im Dauergebrauch deine Messer stumpf werden.
Nr.8# Einmachgläser und/oder Gläser mit Schraubverschluss nutzen
Zero Waste und die Suche nach Alternativen zum Aufbewahren ohne Frischhaltefolie haben Omas Einmachgläsern eine wahre Renaissance beschert. Du bekommst sie in jedem Bio-Markt, aber auch in vielen Deko-Geschäften und Kaufhäusern.
Die Einmachgläser kannst du zum Aufbewahren von Lebensmitteln aller Art verwenden. Alternativ erfüllen leere Marmeladen- oder sonstige Gläser mit Schraubverschluss den gleichen Zweck. Du kannst sie auch problemlos im Kühlschrank oder sogar zum Einfrieren benutzen.
Nr.9# Lunchbox und Becher aus Edelstahl vermeiden Müll
Wenn du dir regelmäßig kleine Snacks oder gar richtige Mahlzeiten für unterwegs oder das Büro zubereitest, lohnt sich die Anschaffung einer passenden Box aus Edelstahl. Diese Lunchboxen sind garantiert dicht, halten ewig – und dünsten vor allen Dingen keine schädlichen Substanzen aus.
Die Snacks, die du im Supermarkt in Frischhaltefolie verpackt bekommst, enthalten meist eine ganze Reihe von Konservierungsstoffen und produzieren tagtäglich Tonnen von Müll. Gleiches gilt für die To-Go-Becher aus Plastik – Du trägst mit einem eigenen Thermobecher nachhaltig zur Müllvermeidung bei.
Nr.10# Küchenutensilien aus Kunststoff langfristig austauschen
Küchenhelfer aus Plastik kannst du nach und nach durch kunststofffreie Varianten ersetzen. Kochlöffel, Pfannenwender und Schöpfkellen aus Bambusholz nehmen hohe Temperaturen nicht übel und lassen sich einfach reinigen. Kochlöffel aus Metall haben oft den Nachteil, dass sie die Wärme aus dem Topf schnell bis in den Stiel leiten, der dann unangenehm heiß wird.

Nr.11# Reinigen und Putzen: Spülmittel selbstgemacht
Während sich die Plastiktüte relativ leicht durch den Stoffbeutel ersetzen lässt und auch die Frischhaltefolie durch Wachstücher entbehrlich wird, gestaltet sich die plastikfreie Küche im Bereich des Putzens und Reinigens etwas aufwendiger. Spülmittel und Co. gibt es generell nur verpackt zu kaufen. Wenn du also konsequent Plastik und Müll vermeiden möchtest, musst du Spülmittel selbst herstellen.
Dies ist kein geheimes Zauberwerk mit abenteuerlichen Zutaten: Im Internet findest du viele Rezepturen, die allein mit Natron und Pflanzenseife auskommen. Selbst produziertes Spülmittel dient auf jeden der Fall der Müllvermeidung – und spart überdies Geld.
Nr.12# Spülbürsten aus Holz statt aus Kunststoff
Spülbürsten aus Holz halten mindestens solange wie die Kollegen aus der Plastikfraktion – manchmal sogar länger, da sie nicht so leicht brechen können. Auch andere Bürsten zum Scheuern oder Fegen kannst du durch Vertreter mit Holz- statt Plastikgriff tauschen. In fast jedem Bio-Markt bekommst du die nützlichen Putzhelfer aus garantiert PEFC- und FSC-zertifiziertem Holz für kleines Geld.
Nr.13# „Selbstgemachte“ Küchentücher funktionieren einwandfrei
Abwaschtücher, Geschirrtücher und auch Küchentücher sind nahezu immer in Plastik verpackt und enthalten oft selbst noch Plastikfasern. Verwende daher unverpackte Leinentücher, um dein Geschirr zu trocken – und um keinen sinnlosen Müll zu produzieren.
Küchentücher bestehen zwar nicht aus Plastik, sind aber darin eingewickelt. Vielleicht denkst du darüber nach, ob du nicht aus ausrangierten T-Shirts oder sonstigen Bekleidungsstücken praktische, kleine Tücher schneiden kannst, die genauso effektiv und schnell Feuchtigkeit und Schmutz aufnehmen. Diese kannst du regelmäßig mit deinem Stoffbeutel einfach in die Waschmaschine stecken und lange Zeit weiter benutzen. Ein effektiver Beitrag zu Zero Waste.
Nr.14# Waschpulver den Flüssigwaschmitteln vorziehen
Flüssigwaschmittel gehört ebenfalls zu den Dingen, die quasi fest mit Plastik „verbandelt“ sind. Klassisches Waschpulver kannst du dagegen in Kartonverpackungen kaufen – oder ebenfalls selbst herstellen.
Auch dazu findest du im Internet vielfältige Rezepturen, die sich leicht in die Tat umsetzen lassen. Vermeide bitte auch die einzeln eingeschweißten Geschirrreiniger-Tabs, deren unnötiges Plastik nur die Müll-Berge wachsen lässt.
Nr.15# Müllbeutel aus Maisstärke enthalten kein Plastik
Fast so einfach wie der Wechsel von der Plastiktüte zum Stoffbeutel funktioniert dagegen der Ersatz des Plastik-Müllbeutels durch einen Müllbeutel aus kompostierbarer Maisstärke. Diese Müllsäcke enthalten garantiert keinen Kunststoff und sind zu einhundert Prozent biologisch abbaubar.
Den gänzlichen Verzicht auf Müllsäcke kannst du natürlich ebenfalls erwägen – dann musst du deinen Mülleimer regelmäßig sauber auswaschen, um unangenehme Gerüche und Keime zu verhindern.
Fazit: Die Küche ohne Plastik ist machbar
Die Küche ohne Plastik ist keine utopische Vision. Mit einer beherzten Herangehensweise kannst du sie nach und nach verwirklichen.
Wichtig ist nur, dass du dabei systematisch vorgehst und ein Kunststoffteil nach dem anderen verbannst – immer, wenn etwas kaputt geht oder es dir in den Sinn kommt.
Halte dir vor Augen, wie lange jetzt schon öffentlich über das Verbot von Plastik-Strohhalmen und Wattestäbchen mit Kunststoff-Schaft diskutiert wird. Zwei Jahre oder noch länger?
Du kannst sicher sein, dass du mit deiner Küche ohne Plastik schneller fertig bist, als dass der letzte Plastik-Strohhalm auf dem Müll gelandet ist.