Übergewicht und Adipositas sind in Industrie- und Schwellenländern ein bedeutsames Problem, das auch uns Deutsche betrifft. Mehr als jeder Zweite bringt zu viel Gewicht auf die Waage. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts waren 2012 etwa 53 Prozent der Frauen und 67 Prozent der Männer mit einem BMI von über 25 übergewichtig.
Die Gründe dafür liegen vor allem in einem Bewegungsmangel bei gleichzeitig zu hoher Energieaufnahme. Übergewicht und vor allem Adipositas sind aber kein harmloses Phänomen. Eine typische, durch Übergewicht auslöste Folgeerkrankung ist zum Beispiel Diabetes. Einige Gründe sprechen also dafür, das überschüssige Gewicht so schnell wie möglich wieder zu verlieren. Das gilt besonders dann, wenn du in deiner Haut nicht oder nicht mehr glücklich bist.
In der Praxis erweist sich das Abnehmen jedoch als sehr schwierig, auch weil jeder eine Meinung zu dem Thema hat, was häufig zu Verwirrung führt. Oft hemmen uns unsere Gedanken daran, unsere Lebens- oder Essgewohnheiten zu ändern. Hier erfährst du, wie du eine neue Perspektive einnehmen kannst, um deine innere Blockade zu überwinden.
Das ungesunde oder falsche Essverhalten abtrainieren – ist das möglich?
Rein theoretisch ist es möglich, bei konsequentem Selbstkochen mit stets gesunden und ausgewogenen Zutaten zuzunehmen. Der Grund: Am Ende entscheidet allein das Verhältnis zwischen Energieaufnahme und -verbrennung darüber, ob der Organismus die Fettdepots füllt, ob alles bleibt wie bisher oder ob wir sogar abnehmen.
Doch auch ein Apfel zu viel am Tag kann auf Dauer die Zahl auf der Waage erhöhen, daher kann man hier von einem falschen Essverhalten sprechen. Hinzu kommt auf der anderen Seite der Faktor Bewegung. Hier kann ein Ungleichgewicht zwischen Essensaufnahme und Bewegung ebenfalls Gewichtsveränderungen bewirken.
Wie wir werden, was wir sind
Doch kann man das falsche Ernährungs- und Bewegungsverhalten gezielt ablegen? Oder ist man für immer zum Übergewicht verdammt, wie viele Betroffene befürchten? Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass unsere Art zu Essen nicht unbedingt unseren natürlichen Instinkten entspricht. Die Techniker Krankenkasse weist darauf hin, dass zahlreiche Einflüsse unser natürliches Essverhalten verändern. Zu diesen Einflüssen zählen:
- Erziehung durch die Eltern und sonstige Einflusspersonen (Beispiel: zu jeder Mahlzeit gehört Fleisch)
- Esstraditionen (Beispiel: das Abendessen findet immer um Punkt 19 Uhr statt)
- Erfahrungen (Beispiel: manche Lebensmittel lösen ein besonders angenehmes Gefühl aus, etwa Schokolade)
- Umwelteinflüsse (Beispiel: Arbeitskollegen, die ständig Süßigkeiten verteilen und darauf bestehen, dass sie gegessen werden)
Während Säuglinge und Kleinkinder noch ihr naturgegebenes Sättigungsgefühl nutzen können und sich dieses nicht gezielt verändern lässt, sind alle anderen von ihrem Kopf abhängig. Das bedeutet, dass wir etwa auch dann noch weiter essen, wenn wir eigentlich schon pappsatt sind – vielleicht weil wir es gewohnt sind, unabhängig vom Sättigungsgefühl immer den Teller leer zu essen. Der Übergang von dem einen zu dem anderen Zustand verläuft meist in der Kindheit und wird stark von den Eltern oder anderen Bezugspersonen beeinflusst.
Veränderung ist möglich
Wenn wir unser natürliches Essverhalten aber bereits in der Kindheit ändern, können wir uns das auch später zunutze machen. Zahlreiche Menschen beweisen, dass eine Ernährungsumstellung oder Lebensveränderung möglich ist.
Es gibt viele Beispiele von Menschen, die oftmals weit über 100 Kilogramm wogen und bereits unter schweren körperlichen Folgeerscheinungen litten. Durch das Ablegen ihres bisherigen Essverhaltens und dem späteren Integrieren von Sport in ihren Alltag nahmen diese Menschen bis zu ihrem Idealgewicht. Viele dieser Erfolgsgeschichten kannst du in unserer Community, z. B. in unserer Facebook-Gruppe Low-Carb High-Quality (LCHQ®) Konzeptgruppe miterleben. Jeden Tag motivieren dort unsere erfolgreichen Mitglieder andere dazu, ihre Ernährungsgewohnheiten umzustellen und ihre individuellen Ziele zu erreichen.
Lässt sich das Belohnungssystem umpolen?
Es ist von Bedeutung, die eigenen Gründe für das Übergewicht herauszuarbeiten und Motive zu hinterfragen. Viele übergewichtige Menschen essen gern, weil sie dadurch eine schnelle Belohnung durch Ausschüttung von Endorphinen erhalten. Dieses Verhalten kann durchaus zur Sucht führen, es ist also sehr ernst zu nehmen. Fett und Zucker sollen zum Beispiel zu einem Kick führen, wie er dem eines Drogensüchtigen ähnelt.
Doch die Betonung liegt hier auf dem Stichwort „Verhalten“. Es ist kein Glück oder Zufall, dass wir essen, was wir essen. Es geht viel mehr darum, dass wir durch Konditionierung so geworden sind und immer wieder nach dem gleichen Muster agieren, weil es fest in unserem Kopf ist. Anders als Glück oder Zufall ist Verhalten aber grundsätzlich beeinflussbar, indem wir es gezielt verändern. Natürlich erfordert das eine gewisse Anstrengung, aber der ersehnte Erfolg ist nicht mehr von äußeren Umständen, sondern von uns selbst abhängig. Verhaltensänderungen sind schwer, aber grundsätzlich möglich.
Wie lässt sich das Verhalten durch Kopfarbeit ändern?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir den zusätzlichen Faktor Disziplin heranziehen. Manche Menschen haben sehr viel davon, andere nur wenig. Die meisten liegen irgendwo dazwischen. Wer nun über sehr viel Disziplin verfügt, hat es in der Regel nicht schwer mit Verhaltensänderungen wie einer Ernährungsumstellung. Andere können nicht ohne Weiteres das notwendige Maß an Disziplin aufbringen.
Davon Betroffene sollten unbedingt vermeiden, eine Hau-Ruck-Aktion zu starten, weil die schnell nach hinten losgeht. Hochmotiviert beginnt man dann damit, gleich am ersten Tag alles perfekt und streng umzusetzen, was man zuvor plante. Innerhalb weniger Tage oder Wochen stellt sich dann aber eine Überforderung ein und das gesamte Projekt platzt. Geht es dir auch oft so, empfehlen wir dir, es mit einem Schritt-für-Schritt-Programm zu versuchen.
Es ist dann eher nicht sinnvoll, gleich am ersten Tag die Ernährung vollständig umzustellen und gleichzeitig ein umfangreiches Sportprogramm zu absolvieren, wenn man doch vorher nie Sport gemacht hat. Besser sind die kleinen Schritte, die die Veränderungen achtsam, sowie nach und nach in das Leben integrieren. Vielleicht beginnst du damit, zunächst alle ungesunden Lebensmittel aus deinem Leben zu verbannen, zum Beispiel Fettiges. Klappt das eine Weile gut, sodass du dich sicher fühlst, folgt dann der nächste Step, etwa ein leichtes Sportprogramm. Damit die Umsetzung gut klappt, ist eine konkrete Planung und Zielsetzung hilfreich.
Welche Lebensmittel verhindern Heißhunger?
Manche Schwierigkeiten scheinen bei Übergewichtigen oft aufzutreten, etwa der Heißhunger. Er kann bei jedem auftreten, doch wenn er gehäuft vorkommt, ist er ein echtes Problem und nicht durch die Kraft der Vorstellung zu bewältigen.
Heißhunger entsteht in der Regel durch einen plötzlich absinkenden Blutzuckerspiegel. Dieser kann auch durch eine Krankheit wie Diabetes ausgelöst werden, daher ist es bei schweren Symptomen sinnvoll, einen Arzt zu befragen. Doch weitere Faktoren lösen Heißhunger aus, zum Beispiel Schlafmangel, Stress oder Langeweile. Es lohnt sich, zuerst zu prüfen, ob an diesen Stellschrauben noch etwas zu machen ist, denn Abnehmen beginnt im Kopf.
Viele Lebensmittel sind dafür bekannt, dass sie Heißhunger auslösen können. Besonders problematisch ist leere Energie aus Fertigprodukten wie Kuchen. Manche Lebensmittel haben aber die Wirkung, genau gegenteilig auf den Heißhunger einzuwirken.
Ein typisches Hilfsmittel ist eine große Portion Wasser. Ansonsten helfen alle Produkte, die für eine ausgewogene und gesunde Ernährung stehen, um Heißhunger zu bekämpfen. Baue in deine Ernährung also viel frisches Gemüse, Obst, Samen, Nüsse, Hülsenfrüchte, Kräuter und Gewürze ein, um deinen Kopf zu überlisten.
Den Kopf austricksen, um besser abzunehmen
Wusstest du, dass dein Teller sich darauf auswirkt, wie viel du isst? Der Grund ist, dass der Kopf immer mit isst. Je größer ein Teller ist, desto eher sind wir dazu geneigt, ihn randvoll zu füllen und dann alles aufzuessen. Dementsprechend viel Energie nehmen wir auf.
Wenn auch du Schwierigkeiten damit hast, dass du deinen Teller immer leer essen musst, kann dir ein kleineres Exemplar viele Vorteile einbringen, weil er deine Vorstellung überlistet. Übrigens spielt auch die Farbe eine Rolle: Ein roter Teller soll den Appetit laut einer Studie von Forschern der Universität Basel reduzieren.
Doch beachte: Wenn du gern und viel isst, lohnt es sich eher, den Energiegehalt der Nahrung zu senken. Ein Teller voller Gemüse hat am Ende weniger Energie als das Steak mit Butter und kann ebenfalls sehr lecker schmecken. Ganz nebenbei versorgst du deinen Körper auch mit vielen wertvollen Inhaltsstoffen.
Weitere Gewohnheiten, die sich positiv auswirken
Der Wassertrick kommt ebenfalls oft zum Einsatz, wenn jemand abnehmen möchte. Dazu trinkst du vor jeder Mahlzeit einfach ein Glas Wasser, zum Beispiel aufbereitetes Wasser oder Leitungswasser. Diese Methode kann dazu führen, dass das Sättigungsgefühl in Kopf und Körper schneller einsetzt. Auch soll sie die Verdauung fördern. Außerdem helfen vielleicht die folgenden Tricks:
- Langsamer und achtsamer essen
- Immer zur gleichen Zeit essen
- Mahlzeiten planen und Planungen einhalten
- Mahlzeiten vorbereiten
- Sport zu einer passenden Uhrzeit in den Alltag integrieren
- Gemeinsam mit anderen Sport machen
- Fortschritte dokumentieren
- Stress abbauen
Abnehmen beginnt im Kopf: Wie macht Stress dick?
Vor allem der letztgenannte Punkt ist interessant. Stress macht dick, weil er tief im Unterbewusstsein wirkt. Der Grund: Wir sind gehetzt und haben keine Zeit für das Essen. Unter diesen Umständen stehen wohl nur die wenigsten selbst am Herd, um sich ein ausgewogenes Menü zuzubereiten.
Eine Sucht nach Essen hat dann leichtes Spiel. So greift man schließlich viel eher zu schnellen Snacks, die viel Dopamin für das Belohnungssystem ausschütten und uns dadurch nachhaltig an der Umsetzung unserer Ziele hindern. Unterwegs könnte das zum Beispiel ein Schokoriegel sein. Zum Feierabend bestellt man vielleicht lieber die fettige Pizza.
Reduktionsdiäten helfen nicht beim Abnehmen
Reduktionsdiäten können das Problem Stress natürlich verschlimmern, weil sie die Erwartungen steigern und durch den massiven Verzicht sowieso nicht glücklich machen. Verläuft die Abnahme nicht wie in der Vorstellung im Kopf, steigert das die Unzufriedenheit nur. Dadurch sind wir schneller gestresst und können weniger erfolgreich unsere Ziele umsetzen. Umso mehr gieren wir wieder nach dem schnellen Dopamin-Kick.
Selbst wenn man eigentlich schon erfolgreich abgenommen hat, kann Stress einen Rückfall auslösen, weil er unsere Gedanken manipuliert. Übrigens ist es nicht sinnvoll, die Essgewohnheiten durch eine Reduktionsdiät zu verändern. Reduktionsdiäten sind nur kurzlebig und selten nachhaltig. Eine Ernährungsumstellung verhindert einen Rückfall und hilft beim Abnehmen.
So kannst du Stress hinter dir lassen und einen Rückfall in alte Essgewohnheiten vermeiden:
Es gibt viele Möglichkeiten, Stress zu bewältigen, das Unterbewusstsein zu befriedigen und dadurch das Abnehmen zu fördern. Diese Tipps für einen kühlen Kopf stellen nur eine kleine Auswahl dar:
- Schlafhygiene betreiben
- Ausreichend Zeit für Wege nehmen
- Ausreichend Zeit für sich selbst nehmen
Fazit: Abnehmen beginnt im Kopf
Essen kann wir eine Sucht sein, denn durch Hormonausschüttungen durch Dopamin regen wir direkt unser Belohnungssystem in unserem Kopf an. Dabei liegen die Wurzeln einer falschen Ernährung oft im Unterbewusstsein. Durch Konditionierung in der Kindheit sind sie dorthin gelangt und lassen sich nur schwer aus der Vorstellung entfernen. Die Lösung für das Problem kann daher im Kopf liegen.
Durch einfache Maßnahmen wie die Step-by-Step-Umstellung lassen sich Essgewohnheiten ändern und das Unterbewusstsein umprogrammieren, wobei am Ende durchaus das Abnehmen stehen kann. Wer geschickt vorgeht und sich ein Grundgerüst an Hilfsmaßnahmen bereitstellt, kann neue Gedanken in sein Leben lassen und einen Rückfall vermeiden. Das Belohnungssystem findet in diesem Milieu vielleicht sogar völlig neue Anreize, sodass das angenehme Dopamin weiter zum Einsatz kommt.